Kleinunternehmerregelung – nationale und europäische Änderungen
Kleinunternehmerregelung – nationale und europäische Änderungen
Ab dem 1. Januar 2025 ändern sich die Bedingungen für die umsatzsteuerrechtliche Kleinunternehmereigenschaft in Deutschland. Zudem wird es innerhalb der Europäischen Union erstmals auch eine grenzüberschreitende Kleinunternehmerbesteuerung (EU-KU-Regelung) geben.
- Neuregelungen für Kleinunternehmer in Deutschland (ab 1. Januar 2025)
Bisherige Kleinunternehmerregelung (bis 31. Dezember 2024): Bis zum Jahreswechsel 2024 / 2025 wurde die Umsatzsteuer für nationale Umsätze von inländischen Kleinunternehmern nicht erhoben. Um von dieser Erleichterung Gebrauch zu machen, durfte der Vorjahresumsatz die Grenze von 22.000 Euro nicht überschritten haben und der Gesamtumsatz des laufenden Jahres den Betrag von 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen. Hierbei handelte es sich um Brutto-Grenzen. Wurde die Kleinunternehmereigenschaft gewählt, konnte im Gegenzug das Recht auf Vorsteuerabzug nicht in Anspruch genommen werden.
- Die Kleinunternehmereigenschaft liegt ab 2025 vor, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmens im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 Euro (alt 22.000 Euro) betragen hat und im laufenden Jahr so lange, bis der Gesamtumsatz die Grenze von 100.000 Euro überschritten hat.
Damit kommt es unmittelbar (unterjährig) zu einem Wechsel von der Kleinunternehmerbesteuerung hin zur Regelbesteuerung, wenn die Umsatzgrenze von 100.000 Euro überschritten wurde. - Im Unterschied zu den bisherigen Regelungen (Brutto-Grenze) handelt es sich bei den neuen Umsatzgrenzen um Netto-Grenzen.
- Zudem wird auf das Erheben der Umsatzsteuer nun nicht mehr verzichtet, sondern die Umsätze sind umsatzsteuerbefreit (ohne das Recht auf Vorsteuerabzug).
- Die Befreiung von der Umsatzsteuer führt dazu, dass Kleinunternehmer keine E-Rechnung (EN 16931) ausstellen müssen. Es können weiterhin Rechnungen im Papierformat oder in einem anderen elektronischen Format (beispielsweise PDF) an Geschäftspartner verschickt werden – also eine sogenannte “Sonstige Rechnung” im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.
Die konkreten Anforderungen an die Rechnungsstellung für Kleinunternehmer:
- Vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers.
- Steuernummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers.
- Ausstellungsdatum der Rechnung.
- Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung.
- Entgelt in einer Summe mit dem Hinweis, dass die Lieferung oder sonstige Leistung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer unterliegt (§ 19 UStG).
- „Gutschrift“ (nur bei Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder einen von ihm beauftragten Dritten gemäß § 14 Abs. 2 Satz 5 UStG).
- Die Rechnung muss auf die Steuerbefreiung hinweisen, z. B. „Dieser Umsatz ist gemäß § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit.“
- Achtung: Die Empfangspflicht für E-Rechnungen in dem neuen elektronischen Format bleibt aber auch für Kleinunternehmer*innen weiterhin bestehen.
- Kleinunternehmer sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abzugeben, können aber von der Finanzverwaltung dazu aufgefordert werden.
- Bei Unternehmensgründungen starten alle „Neugründer“ erst einmal als Kleinunternehmer. Jedoch können Kleinunternehmer / Neugründer (wie bisher auch) auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten, beispielsweise im Elster-Portal der Finanzverwaltung mit dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Die Entscheidung für die Regelbesteuerung und gegen die Anwendung der Kleinunternehmereigenschaft ist jedoch für 5 Kalenderjahre bindend.
- Anwendung von EU-Vorgaben zur Kleinunternehmerregelung
Zum Jahreswechsel 2024 / 2025 setzt Deutschland weitere EU-Vorgaben für die Kleinunternehmerregelung um. Neu ist, dass Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die nationalen Kleinunternehmerregelungen der jeweiligen EU-Mitgliedstaaten nutzen können.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurden die neuen Vorgaben des EU-Rechts zur Kleinunternehmerregelung in deutsches Recht übernommen. Bisher konnten Unternehmen nur in ihrem eigenen Mitgliedsstaat die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nutzen. Wollten sie international tätig sein, hatten sie sich im Ausland mit komplexen umsatzsteuerrechtlichen Problemen und Fragestellungen zu beschäftigen. Die neue Europäische-Kleinunternehmerregelung (EU-KU-Regelung) soll dies vereinfachen. Nun können deutsche Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Kleinunternehmerregelungen anderer Mitgliedstaaten nutzen, im Gegenzug wenden auch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten die deutschen Regelungen an.
Adressatenkreis: In Deutschland richtet sich das Verfahren an Unternehmer, die in Deutschland ansässig sind und grenzüberschreitende Lieferungen oder Dienstleistungen an Unternehmer oder Privatpersonen in anderen EU-Mitgliedstaaten erbringen, in denen sie nicht ansässig sind. Ab 2025 können deutsche Kleinunternehmer bei EU-Auslandsgeschäften wählen, ob sie die dortige Kleinunternehmer-Regelung anwenden. Hierfür gelten drei Umsatzgrenzen:
- die Unionsgrenze von 100.000 EUR (nicht mehr als 100.000 € Gesamtjahresumsatz in der EU sowohl im vorangegangen Kalenderjahr als auch im laufenden Kalenderjahr),
- die nationale Grenze in Deutschland und
- die jeweilige nationale Grenze des anderen EU-Landes (max. 85.000 EUR).
Ein erstes Informationsportal zu den neuen EU-KU-Regeln wurde von der EU-Kommission bereits eingerichtet. Hier sind weitere Erläuterungen zur Anwendung der EU-weiten Vorgaben zu finden: MwSt-Vorschriften für Kleinunternehmen – KMU-Regelung – Europäische Kommission (Das Portal befindet sich aktuell noch im Aufbau und liefert lediglich erste Informationen bzw. Leitfäden, überwiegend in englischer Sprache. In den kommenden Wochen soll das Portal um Informationen über die KMU-bezogenen nationalen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten ergänzt werden und den Zugang zu einem Simulator ermöglichen.)
Registrierung und Abmeldung in Deutschland für die EU-KU-Regelung
Beabsichtigt ein deutsches Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, muss es vorab seine Teilnahme an den EU-KU-Regelungen auf elektronischem Weg beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt-Onlineportal) beantragen und erhält im Gegenzug eine KU-IdNr.
Im Antragsprozess können sich Unternehmen sowohl für die EU-KU-Regelung registrieren als auch auswählen, in welchen EU-Mitgliedstaaten die nationale Regelung in Anspruch genommen werden soll.
Das neue Meldeverfahren ermöglicht einen erleichterten grenzüberschreitenden Einsatz der Kleinunternehmerregelung:
- Beantragung elektronisch über das BZSt.
- Quartalsweise Umsatzmeldungen: Innerhalb eines Monats nach Quartalsende.
- Überwachung durch Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten.
- Fristen: Ein Überschreiten der Grenzen ist innerhalb von 15 Werktagen zu melden.
Für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU (Drittländer) ist die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung weiterhin ausgeschlossen. Unternehmen mit festen Niederlassungen in der EU können die Regelung jedoch nutzen, sofern die zentrale Verwaltung in einem EU-Mitgliedstaat liegt.
- Praxistipps für betroffene Unternehmen
- Unternehmen, die bisher die Kleinunternehmerregelung genutzt haben, sollten prüfen, ob die neuen Umsatzgrenzen eingehalten werden können. Für Neugründungen gilt: Im ersten Jahr ist die Umsatzgrenze von 25.000 € maßgeblich.
- Prüfen Sie Ihre Umsätze regelmäßig, um die Einhaltung der Grenzen sicherzustellen.
- Es besteht die Möglichkeit, freiwillig zur Regelbesteuerung zu optieren, wenn dies wirtschaftlich vorteilhaft ist.
- Informieren Sie sich über die Anforderungen in den EU-Mitgliedstaaten, in denen Sie tätig sind.
- Stellen Sie sicher, dass Sie rechtzeitig am Meldeverfahren teilnehmen, falls grenzüberschreitende Umsätze geplant sind.